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Überlegungen zum Übertritt an eine weiterführende Schule (Gastbeitrag)

Im Kino läuft derzeit der durchaus sehenswerte Film “Frau Müller muss weg”, der von einem Gespräch von Eltern mit einer Grundschullehrerin handelt, in dem deutlich wird, dass – völlig unabhängig von der Eignung der Kinder – das einzige Ziel der Eltern darin besteht, dass die Viertklässler den Übertritt ans Gymnasium schaffen. Und wenn die Klassenlehrerin – Frau Müller – diesem Ziel im Weg steht, dann muss sie eben weg!
Doch woher kommt die Idee, dass nur die gymnasiale Schulbildung und an ihrem Ende das Abitur den Kindern eine erfolgreiche berufliche Zukunft verspricht?
Hier sind sicherlich mehrere Faktoren zu nennen:
Es stimmt zwar, dass unser Schulsystem von unten nach oben nur sehr wenig durchlässig ist. Andererseits gibt es auch mit einem Haupt- oder Realschulabschluss viele Wege zum Hochschul- oder Fachhochschulstudium. So kann ein “Spätzünder” oder jemand, der einen Beruf gefunden hat, der ihm Spaß macht und in dem er sehr gut ist, über eine Lehre und die Meisterprüfung die Zulassung für ein Studium erhalten. Eine andere Möglichkeit ist der Weg über die FOS/BOS.
Geschürt wird die Angst vieler Eltern vor einem späteren beruflichen Scheitern ihrer Kinder sicher auch durch die Medienberichte über die OECD-Studie, die anprangert, es gebe in Deutschland zu wenig Abiturienten. Diese Aussage muss allerdings differenziert betrachtet werden:
Es stimmt zwar, dass Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern eine niedrige Rate an Abiturienten aufweist. Es stimmt aber auch, dass es hierzulande eine sehr niedrige Arbeitslosenquote bei Jugendlichen gibt. Im europäischen Vergleich mit Ländern wie Frankreich und Italien (viele Abiturienten) bzw. Österreich und der Schweiz (wenige Abiturienten) lässt sich sogar feststellen, dass gilt: Je höher die Abiturientenquote in einem Land ist, desto höher ist auch die Jugendarbeitslosigkeit – und umgekehrt.
Wie kommt diese scheinbar paradoxe Situation zustande? In Deutschland – wie auch in den anderen deutschsprachigen Ländern – gibt es die duale Berufsausbildung, d.h. die Kombination der betrieblichen Ausbildung und der Berufsschule. Diese führt zu qualifizierten Fachkräften, die dann auch auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der an dieser Stelle genannt werden muss, ist die Tatsache, dass die Zahl der Studienabbrecher sehr hoch ist. Das Erreichen des Abiturs führt also nicht zwangsläufig zu einer akademischen Berufslaufbahn. In den Bachelorstudiengängen beträgt die Zahl der Studienabbrecher 28%, wobei zu differenzieren ist nach Universitäten (33%) und Fachhochschulen (23%). Dies lässt den Schluss zu, dass junge Erwachsene, die den vermeintlich längeren Weg z.B. über die Fachoberschule gewählt haben und dann an einer Fachhochschule studieren, in ihrer Entscheidungsfindung deutlich sicherer sind. Hier kommt sicherlich zum Tragen, dass sich die Jugendlichen bewusst für einen weiteren Schulbesuch entschieden haben. Zum anderen spielt wohl auch die bereits während der Schulzeit gewählte Spezialisierung auf eine Fachrichtung eine Rolle.
Es wäre wünschenswert, dass wieder mehr Eltern zu einem gelasseneren Umgang mit dem Thema “Übertritt” finden würden, so dass jedes Kind den passenden Weg für sich finden kann – und Frau Müller am Ende eben doch nicht weg muss!

B.E.

Wir danken der Gastautorin Birgitt Ehlenberger, Gymnasialpädagogin, für diesen Beitrag.
DrS

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