Masern nehmen wieder zu aufgrund der Impfmüdigkeit. Und der Bundesgesundheitsminister hat nun einen Gesetzentwurf zur Impfpflicht vorgelegt.
Ob eine Impfpflicht (mit allen Konsequenzen) der richtige Weg ist, ist umstritten. Auch aus rechtlichen Gründen habe ich da meine persönlichen Bedenken. Sicher ist allerdings, dass ungeimpfte Personen ein Risiko für die Weiterverbreitung darstellen.
Ich möchte die aktuelle Diskussion zum Anlass nehmen, einmal meine persönlichen Erfahrungen mit Impfungen und mit Masern zu schildern – nach vielen Jahren Universitätsklinik und inzwischen 15 Jahren praktischer Kinderheilkunde. Und damit auch wilden Gerüchten und Verschwörungstheorien entgegentreten, die im Internet kursieren.
Zuerst das Wichtigste: Impfungen in Deutschland sind sicher!
Und Impfungen sind effektiv. Vielleicht die effektivsten Medikamente überhaupt. Während manche andere Medikamente die Zulassung und Verschreibungsfähigkeit bekommen, die ein Ansprechen von nicht einmal 30% haben, oder eine Heilungsrate von 5%, weisen etwa die Lebendimpfstoffe nach zweimaliger Gabe eine Schutzrate von nahe 100% auf.
Was die Sicherheit betrifft – ich habe in all den vielen Jahren keinen einzigen Impfschaden erlebt – von den Folgen der Pockenimpfung einmal abgesehen (die wegen der konsequenten Impfung damals heute gottseidank nicht mehr nötig ist und lange schon aus dem Impfprogramm entfernt wurde). Die Impfschäden, die in der Fachpresse im Zusammenhang mit modernen Impfungen beschrieben wurden, haben zum größten Teil mit einer noch nicht bekannten Grunderkrankung zu tun. Also zum Beispiel mit einem schlummernden Immundefekt.
Etwas völlig anderes als Impfschäden sind Impfreaktionen. Diese gibt es natürlich. Diese sind genaugenommen sogar logisch. Denn sie zeigen an, dass das Immunsystem arbeitet. Vor allem durch erhöhte Temperaturen oder durch eine geringe Mattigkeit oder Abgeschlagenheit. Also genau das, was ein Kind auch zeigt, wenn es sich mit einem Virus, etwa aus dem Kindergarten, auseinander setzt.
Was bei Impfreaktionen zu tun ist, habe ich hier im Blog schon beschrieben.
Frische Masern haben meinen Weg als Arzt kaum gekreuzt. Offensichtlich war ich immer in noch ausreichend geimpften Umgebungen unterwegs. Gottseidank – denn erst einige Jahre nach Dienstantritt als junger Arzt fand der Arbeitsmediziner heraus, dass ich entgegen der Einschätzung meiner Familie noch gar keine Masern hatte – ich wurde nachgeimpft.
In der Praxis sind wir sehr dankbar dafür, dass uns bisher noch kein Masernkind das gesamte Wartezimmer mit Säuglingen und schwerkranken Herzkindern angesteckt hat. Denn das droht ja immer und überall.
Als Oberarzt einer Universitätsklinik sieht man dann aber dafür die Masernfolgen. So ist auch in einem meiner Nachtdienste ein Kind nach langem qualvollem Weg und Abbau der Fähigkeiten an der SSPE (der Spätfolge nach Masern, Häufigkeit um 1 : 10.000) verstorben.
Sie verstehen, dass ich gar nicht anders kann, als die Impfung gegen Masern zu empfehlen. Und dass ich kein Verständnis habe für Verschwörungstheorien über Impfungen, die nur verunsichern und die Impfmüdigkeit vertiefen. Oder für Familien, die sich (wenn sie schon nicht impfen lassen wollen, was ihr gutes Recht ist) um die Sicherheit anderer wenig scheren.
Und zum Schluss, liebe Eltern und Tanten und Onkels usw. – wer nach 1970 geboren ist und nicht oder unzureichend gegen Masern geimpft ist und noch keine Masern hatte – lassen Sie sich rasch impfen. Notfalls beim Kinderarzt.