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Mit Kindern essen: „Ich ess’ es heute nicht, ich ess’ es morgen nicht, ich ess’ es niiiiiiiie!!“ (Ein Gastbeitrag von Inke Hummel)

Unsere Gastautorin Inke Hummel ist Pädagogin und arbeitet selbständig als Familienbegleiterin bei „sAchtsam Hummel“ sowie als Leiterin für Eltern­-Kind­-Kurse und Bloggerin. Als Coach mit entwicklungspsychologischer und bindungstheoretischer Ausrichtung unterstützt sie Familien im ersten Babyjahr, in der Kindergarten­ und Grundschulzeit sowie in der Pubertät. Besonders häufig begleitet sie Eltern mit gefühlsstarken Kindern und verhilft ihnen zu einer gelingenden Eltern­-Kind­-Bindung. Im Verein „Bindungs(t)räume“ setzt sie sich dafür ein, dass Eltern und Pädagogen die Bedürfnisse von Kindern besser verstehen. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und den drei Kindern in Bonn.

Ihre Impulse rund um Eltern-Kind-Bindung und mehr findet man auf Twitter unter https://twitter.com/HummelFamilie sowie auf den Blogs https://bindungstraeume.de/ und https://inkehummel.de/blog.

Im August erscheint ihr Ratgeber „Miteinander durch die Pubertät“ im humboldt Verlag, im Oktober ihr erstes Kinderbuch im claus Verlag – mehr Informationen gibt es unter https://inkehummel.de/buecher.

 

Mit Kindern essen: „Ich ess’ es heute nicht, ich ess’ es morgen nicht, ich ess’ es niiiiiiiie!

 

Immer wieder begegnet mir die Ansicht, es sei höflich, Essen wenigstens zu probieren, und es nicht zu tun, wird quasi als genauso unmöglich empfunden, wie jemandem ohne Schutz ins Gesicht zu niesen. In der Kita wird es oft von den Kindern erwartet, bei den Großeltern am Tisch ebenfalls, auf Familienfeiern wird es einem entgegnet. Ja, auch wir haben – noch ziemlich frisch im Elternbusiness – gemeint, das könne man doch anregen am heimischen Esstisch, was in der unmissverständlichen Aussage unseres Kindes gipfelte: “Ich esse es heute nicht, ich esse es morgen nicht, ich esse es niiiiiiiie!” Mit großem Wutanfall. Unsere gefühlsstarke Tochter, damals noch im Kleinkindalter, hätte die Speise nicht gegessen, maximal nach drei Tagen Hungern vielleicht, aber was soll das für ein Weg sein?! Sie war schon damals absolut willensstark und klar. – Oh ja, wir hatten verstanden.

Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir auch der Bericht einer Mutter, deren Tochter gegen 12 Uhr im Kindergarten zu Mittag gegessen hatte, und als sie sie am späten Nachmittag abholte, wunderte sie sich auf dem Heimweg über ihre dicke Wange. Das kleine Mädchen war gezwungen worden, vom Brokkoli zu probieren, konnte es aber nicht über sich bringen, ihn auch hinunterzuschlucken, und hatte ihn über Stunden im Mund aufbewahrt! Wie absurd.

Woher kommt das nur? Es ist wohl eine Mischung aus falsch verstandener Höflichkeit, Sorge um die Ernährung und das Gedeihen unseres Kindes sowie um sein späteres Zusammentreffen mit anderen Menschen und deren Kochkünsten.

Legen wir mal die Hand aufs Herz: Wer mag selbst alles probieren? Beispiele gibt es sicher genug. Bei manchen Menschen muss man vielleicht ganz schön in die Ferne schweifen, um etwas zu finden, was sie wirklich nicht anrühren würden. Aber viele von uns können sicher schon leichter etwas benennen, das sie am Buffet links liegen lassen, bei der am Tisch herumgereichten Platte dankend ablehnen würden? Warum soll das für Kinder so nicht gelten? Nur weil es essen ist, muss nicht der Geschmack entscheiden; es können auch Aussehen, Textur oder Geruch sein. Muss man wirklich alles probiert haben, um entscheiden zu können, dass es für einen nicht in Frage kommt? Ich denke nicht. In anderen Bereichen (Alkohol, Drogen, Zigaretten, Tattoos, Sexuellem…) kann einem das Argument auch kräftig um die Ohren sausen!

Wie viel schöner ist es auch, wenn der Tisch einfach voll ist mit Angeboten, dem was wir mögen, dem was das Kind bekanntermaßen gerne mag – und das Kind sagt klar, ich möchte dies, weil ich es kenne, und ich möchte das, weil es mich neugierig macht, oder auch mal: “Heute mag ich nichts davon; ich hole mir Bananen und Joghurt aus der Küche.”

Das ist so kompetent. Darüber können wir Eltern uns nur freuen! Seien wir Vorbild, kochen wir miteinander und haben wir doch Geduld – ab etwa 10 Jahren werden fast alle Kinder, die mit abwechslungsreichem Vorratsschrank aufwachsen, neugieriger werden.

Wenn wir das Probieren erzwingen (und sei es nur mit psychischem Druck durch Beleidigtsein), sorgen wir uns um den Vitaminhaushalt oder ähnliches – aber was ist mit der Psyche unserer Kinder? Kinder sollten Nein sagen dürfen. Nein in Bezug auf alles, was ihren Körper anbelangt. Auch beim Essen. Gerade auch zu Hause!

 

 

(Der Artikel wurde überarbeitet. In seiner ursprünglichen Version erschien er auf dem Bindungsträume-Blog am 31.10.2016.)

 

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Dr. med. Gerald Hofner

Dr. Gerald Hofner war kinderkardiologischer Oberarzt der Universitätskinderklinik Erlangen-Nürnberg, bevor er 2003 in eine neue Praxis in Neudrossenfeld und Bayreuth wechselte. Sein Fokus liegt auch dort auf der Schwerpunktversorgung für Kinderkardiologie, Kinderpneumologie, Jugendsportmedizin und Ernährungsmedizin, besonders unter dem Aspekt der Prävention. Ihm ist dabei wichtig, die Erkenntnisse der Wissenschaft praktisch und verständlich zu den Patienten und ihren Familien zu bringen. Als Vater von zwei Töchtern weiß er um die Probleme von Familie. Seit 2019 ist er außerdem verantwortlich für die beiden neuen Medizinprodukte FrioQuick® Kühlpflaster und RhinoQuick® Schnupfenpflaster in Deutschland - sanfte und effektive Therapie. Dr. Gerald Hofner hat einen Lehrauftrag der Universität Bayreuth angenommen.

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