Bereits seit vielen Wochen werden Familien mit äußeren Faktoren konfrontiert, auf die sie keinen direkten Einfluss haben. Sie erzeugen Druck und sorgen für eine enorme Belastung. Dennoch versuchen Eltern jeden Tag für Kinder und Familienmitglieder da zu sein. Sie begleiten sie durch den Tag, erfüllen Wünsche und stillen Bedürfnisse, ganz unabhängig davon, wie es ihnen körperlich und psychisch geht und wie sehr die momentanen Einschränkungen, Veränderungen und Bestimmungen die Bewältigung des Alltags zusätzlich erschweren. Immer häufiger überschreiten sie dabei die eigene Belastungsgrenze und erleben Tage voller Unzufriedenheit und Selbstzweifel.
Unsere Gastautorin Anastasia Weinberg (Bayreuth) ist selbstständige systemische Beraterin und Erzieherin. Als pädagogische Fachkraft mit langjähriger Praxiserfahrung erlebt sie hautnah, welche Schwierigkeiten Kinder, Eltern und Teams tagtäglich überwinden müssen. Sie begleitet Eltern und Pädagog*innen auf dem Weg zu innerer Stärke, Gelassenheit im Alltag mit Kindern, wertschätzender Kommunikation und zu gesundem Selbstschutz. Sie ist Mediatorin in alltags- und lösungsorientierten Workshops. Auf Facebook und Instagram (@systemischpaedagogisch) schreibt sie über aktuelle Themen und persönliche Erfahrungen oder gibt Impulse zu Selbstreflexion und Selbstfürsorge. Kontakt: www.systemisch-paedagogisch.de
An solchen Tagen häufen sich Diskussionen und Machtkämpfe mit ihren Kindern, weil es den Eltern schwer fällt geduldig zu sein und verständnisvoll auf den bereits fünften Gefühlsausbruch Ihres Kindes zu reagieren. An solchen Tagen fallen Worte, die verletzen. Es entstehen Konflikte, die die Eltern-Kind-Beziehung und auch die der Elternpaare noch viele Tage und Wochen nach der Auseinandersetzung belasten können. An solchen Tagen meldet sich der eigene Körper und sendet ganz deutliche Warnzeichen.
Wenn wir nun dran denken, was den Familien in den kommenden Wochen bevorsteht, ist es völlig verständlich, dass sich viele Eltern die folgende Frage stellen: „Wie um Himmels Willen sollen wir das bloß schaffen?“
In meiner Funktion als Erzieherin lege ich großen Wert darauf, dass Kinder lernen mir mitzuteilen, wenn sie sich unwohl fühlen, wenn sie eine Aufgabe überfordert und wie sie es schaffen können, sich Hilfe zu holen. Mir ist es wichtig, Kinder darin zu bestärken, „STOP!“ zu sagen, wenn sie eine Gefahr für sich und ihren Körper sehen.
Und ich möchte auch Ihnen, liebe Eltern Mut machen, „STOP!“ zu sagen. Fragen Sie sich nicht, WIE Sie es schaffen, alles unter einen Hut zu bringen, sondern WAS Sie aktuell schaffen können:
Was muss heute wirklich sein? Überlegen Sie, was Sie an diesem Tag zwingend erledigen müssen und was warten kann. Sortieren Sie aus!
Wo muss ich heute wirklich hin? Überprüfen Sie, welcher Termin Sie unter Druck setzt, welcher stattfinden muss und welcher sich vielleicht verschieben oder gar absagen lässt.
Was tut mir und meiner Familie heute gut? Fragen Sie sich, was Sie sich Gutes tun können, um leichter durch den Tag zu kommen.
Welche Informationen mute ich mir zu? Wählen Sie ganz bewusst aus, welche Inhalten Sie hören, lesen und in Ihre Gedanken hineinlassen und welche Sie ganz bewusst aus der Familienzeit verbannen.
Was kann ich abgeben? Sortieren Sie Ihre Aufgaben. Welche wollen/müssen Sie selbst erledigen? Welche lassen sich an Helfer abgeben?
Wer kann mir helfen? Bitten Sie um Unterstützung. Holen Sie sich Hilfe. Haben Sie das Gefühl, es selbst nicht zu schaffen, für Entlastung zu sorgen, lassen Sie sich frühzeitig professionell begleiten.
Schützen Sie sich, Ihre Kinder und Ihre Familienmitglieder. Sicher können Sie an der momentanen Lage wenig ändern, vieles liegt nicht in Ihrer Macht. Doch Sie können versuchen die kommende Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten und sich ganz bewusst dazu zu entschließen rechtzeitig „STOP!“ zu sagen.