Es ist ein zunehmender und höchstbedenklicher Trend, vor dem sogar jüngst das bayerische Gesundheitsministerium warnte: (Klein-)Kinder, die nicht durchschlafen, bekommen Schlafmittel verabreicht, weil die Eltern mürbe und erschöpft sind (“Ich muss mal wieder schlafen, ich bin am Ende!”). Und endlich gibt es eine ruhige Nacht. Endlich Ruhe im Kinderzimmer. Die Eltern sind am nächsten Tag bester Dinge – und weil es so gut funktioniert hat, könnte man das Ganze vielleicht gleich nochmal probieren?!?
Au weia! Wir Kinderärzte raten dringendst ab! Wir kennen das Problem gut, von unseren Patienten wie auch aus eigener Erfahrung. Säuglinge und Kleinkinder sind anstrengend – gerade auch nachts. Aber das Risiko schwerer gesundheitlicher Probleme durch Schlafmittel ist sehr hoch, nein: viel zu hoch! Atemstillstände, Abhängigkeit, Leber- und Nierenschäden sind beispielsweise zu nennen.
Auch früher – z.B. in der Antike oder im Mittelalter – gab es schon Bemühungen, den Nachtschlaf von Kindern zu verbessern. Es wurde zum Beispiel Alkohol oder Mohn als Schlafmittel eingesetzt. Natürlich sind dies ebenfalls höchst gefährliche Maßnahmen, die nicht angewendet werden dürfen.
Im Zentrum dieser Diskussion steht die elterliche Erschöpfung. Das Kind hat ja kein Problem. Deshalb ist auch bei den Eltern und nicht den Kindern anzusetzen. Gerade kleine Kinder schlafen häufig tagsüber längere Zeit. Diese Phasen sollten auch von den Eltern zur Regeneration genutzt werden, auch wenn es natürlich verlockend ist, die kinderfreie Zeit in die liegen gebliebenen Arbeiten im Haushalt oder am Schreibtisch zu investieren. Außerdem müssen die Eltern entlastet werden und hier sollten bei Bedarf alle Omas, Opas, Tanten, Onkel, Paten, Freunde oder wer auch immer zur Verfügung steht, eingesetzt und in Anspruch genommen werden. Frei nach dem Motto: Wer nicht bei 3 auf dem Baum ist, muss ran! Denn eines ist auch klar: Auch junge Eltern brauchen Schlaf!