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Kinderbetreuung im Krankheitsfall

Viele Eltern fürchten es: das Kind wird krank, aber Mama und Papa müssen auf die Arbeit. Und nun? Wer betreut das Kind? Die Not und manchmal auch die Angst um den Arbeitsplatz sind hier groß! Das hören wir sehr oft in der Sprechstunde.

Ja, Eltern haben Anspruch auf 10 Kinderkrankentage im Jahr, zumindest wenn sie gesetzlich versichert sind. Aber 10 Tage sind in einer Infektsaison schnell aufgebraucht – ebenso wie die Geduld mancher Vorgesetzter, die zum Teil erheblichen Druck auf die Eltern ausüben. Deshalb geben immer wieder Eltern wider besseres Wissen aus Angst und mit schlechtem Gewissen die Kinder krank in die Kita oder die Schule.

Viele Familien können leider nicht auf Großeltern zurückgreifen, weil diese entweder viel zu weit weg wohnen oder selbst noch berufstätig, krank oder nicht belastbar sind.
Das System der Sicherstellung einer Kinderbetreuung im Krankheitsfall ist in der BRD hinter anderen Ländern zurück. Es fußt auf der heutzutage einfach nicht mehr gegebenen Annahme, dass es im Hintergrund schon noch Betreuungspersonen gibt, die im Falle der Erkrankung eines Kindes einspringen. Das ist eine schöne Fiktion. Die Realität sieht typischerweise anders aus. Wird das Kind krank, kommt man schnell an die Grenze der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

In anderen europäischen Ländern liegt die Zahl der Tage, die man wegen der Erkrankung eines Kindes zuhause bleiben kann, deutlich höher als in Deutschland. Es gibt auch die Idee der Schulkrankenschwester, die sich zumindest am Tag der Erkrankung um das Kind kümmert, bis die Eltern es selbst betreuen können. So wissen Eltern, die ihr Kind nicht innerhalb kürzester Zeit in der Schule abholen können, dass der Sprössling dort fachmännisch betreut wird. Ein System, das es in Großbritannien oder Skandinavien gibt. Zu teuer, heißt es oftmals in Deutschland, wobei im Februar in Brandenburg ein Schulkrankenschwester-Projekt gestartet ist, an dem 20 Schulen beteiligt sind. In einigen Städten gibt es inzwischen Notmütterdienste. Oft sind die aber sehr teuer, wobei manche Städte diese Dienste bezuschussen. All diese unterschiedlichen Konzepte machen aber deutlich, dass es keine zufriedenstellende, flächendeckende Lösung in Deutschland gibt. Insofern: Halten Sie durch. Hoffentlich ändert einerseits die Politik hier die Bedingungen hin zu einer zeitgemäßeren, sich an der Realität orientierenden und somit zu einer kinder- und familienfreundlicheren Lösung. Andererseits müssen aber auch Arbeitgeber und Kollegen, die die Arbeit dann erledigen müssen, mehr Verständnis für Eltern mit kranken Kindern haben. Kein Elternteil wünscht sich ein krankes Kind, um zuhause bleiben zu können!

Kategorie: Dossier, Familie, Kindererziehung, Leben

von

Dr. Stefan Schwarz

Dr. Stefan Schwarz ging in Augsburg zur Schule. Er machte nach dem Zivildienst eine Ausbildung zum Kinderkrankenpfleger. Das Studium schloss er in München ab. Nach der Ausbildung in verschiedenen, renommierten Kinderkliniken arbeitet er als niedergelassener Kinderarzt. Dr. Schwarz ist Vater von 4 aufgeweckten Kindern und kennt den Alltag, die Freuden und die Sorgen von Familien dadurch sehr gut.

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