Autor: Dr. Stefan Schwarz

Burnout – kein Erwachsenen-Phänomen

Mag man Burnout gemeinhin als eine psychische Erkrankung, die bei gestressten Erwachsenen auftreten kann, sehen, so ist leider festzustellen, dass “Burnout bei unseren Kindern angekommen ist.” (Prof.Dr. M. Schulte-Markwort) Zu diesem Thema wurde kürzlich die repräsentative Studie “Burn-Out im Kinderzimmer. Wie gestresst sind Kinder und Jugendliche in Deutschland?” der Universität Bielefeld vorgestellt. Die Besonderheit der Studie besteht darin, dass sie den Stress aus der Sicht der Betroffenen, also der Kinder, erfasst. Dabei wurden erschreckende Ergebnisse gewonnen. So leiden fast 20% der befragten Kinder und Jugendlichen unter hohem Stress, wobei aber 87,3% der Eltern der betroffenen Kinder nicht glauben, dass sie diese überfordern. Ca. 50% der Eltern befürchten sogar, ihre Kinder nicht genug zu fördern. Aus dieser Diskrepanz entstehen für die Kinder große Probleme. Als einen wichtigen Stressfaktor macht die Studie nämlich die Anzahl der Termine, die die Kinder neben der Schule zu absolvieren haben und die ihnen oftmals (86%) keinen Spaß machen, aus. Ergänzend kommt hinzu, dass Kinder häufig durch Aufgaben im Haushalt, die nicht altersgemäß sind (z.B. Organisation des Haushalts), belastet werden. Den Kindern …

Achtung giftig!

Achtung – Arsen in Reiswaffeln

Die Kinderärzte berichten kurz über eine aktuelle Warnung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu Reiswaffeln. Reiswaffeln sind bei Kindern sehr beliebt und auch viele Eltern schätzen sie als kleine Zwischenmahlzeit für ihren Nachwuchs. Dass Reiswaffeln Arsen enthalten, war bekannt. Nun zeigte sich allerdings, dass der Anteil an anorganischem, giftigem Arsen in der Reiswaffel teilweise höher ist als in dem puren Reiskorn selbst. Arsen in organischen Verbindungen gilt als unproblematisch, größere Mengen von anorganischem Arsen können dagegen Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Laut EU-Beschluss gelten ab 2016 Höchstwerte. Für Erwachsene sollten laut BfR 0,2mg Arsen pro Kilogramm Reis nicht überschritten werden, für Babys und Kleinkinder schätzt das BfR den von der EU avisierten Maximalwert von 0,1 mg Arsen pro Kilogramm Reis aber als zu hoch ein! Das BfR rät darum, Reiswaffeln Babys und Kleinkindern nur gelegentlich anzubieten. DrS  

Fernsehen macht dick – kein Gerücht

Die Kinderärzte berichteten an dieser Stelle schon über Übergewicht, leider ein zunehmend brisantes Thema bei Kindern. Übergewicht hat viele negative Folgen und ist sicher durch viele Faktoren begründet. Die WHO warnt vor einer weltweiten Übergewichtsepidemie. Ein Grund ist der Bewegungsmangel, unter dem heute viele Kinder leiden. Forscher der Universität Virginia zeigten nun an über 11.000 Kindern, dass bereits ein täglicher TV-Konsum von einer Stunde zu einer ungesunden Gewichtsentwicklung führt. Je länger die Kinder fernsehen, umso mehr steigt das Risiko, Übergewicht zu entwickeln. Da Fernsehen für Kinder nicht nur im Zusammenhang mit dem Gewicht als durchaus problematisches Thema zu bewerten ist, lautet die Botschaft, den Medienkonsum erst spät zuzulassen und inhaltlich, aber auch zeitlich eindeutig zu beschränken. Damit tun wir Eltern den Kindern nichts Schlechtes an, sondern bewirken im Gegenteil viel Gutes, gesundheitlich, bezüglich der Entwicklung und unter vielen anderen Aspekten. Und wie herrlich ist es schließlich, einen Nachmittag mit Spielen, draußen Toben, Basteln, Legobauen oder was auch immer zu verbringen! Und nicht immer muss es ein ausgetüfteltes Programm sein, um den Tag dennoch mit Schönem, …

Vorsorgeuntersuchungen – nützen sie etwas?

Die Kinderärzte sehen täglich viele Kinder zu einer Vorsorgeuntersuchung. Diese werden von den Krankenkassen übernommen. Sind diese Vorsorgen nur Pflichttermine? Die Kinderärzte meinen “Nein!”. Viele unserer Patienten haben von der frühzeitigen Diagnosestellung und den im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung eingeleiteten, weiteren Maßnahmen profitiert. Hier zwei fiktive, aber realistische und in ähnlicher Form wiederholt erlebte Fälle: Nehmen wir eine 3jährige Patientin, die während der Vorsorge mehrmals auf Mamas Schoß die Augen verdreht und nicht reagiert. Sie hatte sich in den zurückliegenden Monaten sprachlich auffällig langsam entwickelt. Da die beschriebenen Zustände nur Sekunden andauerten, hatten die Eltern dies nicht als auffällig bewertet. Unsere Verdachtsdiagnose einer Epilepsie wird durch die eingeleiteten Untersuchungen bestätigt, unter der medikamentösen Therapie zeigt das Mädchen keine Anfälle mehr und nimmt eine gute Entwicklung. Oder der 3 Monate alte, scheinbar gesunde Junge, der bei der Vorsorge ein bis dahin nicht bestehendes Herzgeräusch aufweist und dessen angeborener Herzfehler in der Folge erfolgreich behandelt werden kann. Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen wird nicht nur der körperliche Zustand erfasst, sondern auch die Entwicklung überprüft, ob in motorischer, sprachlicher, geistiger, …

Hochsensible Kinder

Immer häufiger hört und liest man in den Medien (u.a. auch schon in diesem Blog) von hochsensiblen Kindern. Viele Eltern werden sich allerdings die Frage stellen, wie man erkennen kann, ob man ein hochsensibles Kind hat oder nicht. An dieser Stelle sollen einige Aspekte dargestellt werden, welche Hinweise auf eine Hochsensibilität sein können: Bei sehr kleinen Kindern im Säuglingsalter ist eine Hochsensibilität noch schwer zu erkennen. Lediglich eine extreme Wachsamkeit und sehr schnelle Überreizbarkeit können darauf hindeuten, dass das Kind hochsensibel auf seine Umwelt reagiert. Deutlicher werden die Anzeichen, wenn sich das Kind in einer größeren Gruppe bewegt – sei es in der Krippe oder im Kindergarten: · Strömen sehr viele Reize auf die Kinder ein, die nicht gefiltert werden können, kann es zum Auftreten plötzlicher Schreiattacken ohne erkennbaren äußeren Anlass kommen. · Besondere Herausforderungen stellen für hochsensible Kinder Übergänge im Tagesablauf (z.B. vom Freispiel zur Brotzeit) dar. · In für sie neuen Situationen (z.B. bei geplanten Ausflügen) wirken hochsensible Kinder häufig überängstlich. · Dies gilt auch für potentiell gefährliche Situationen (z.B. beim Betreten einer …

Masern schwächen das Immunsystem gefährlich!

Die Kinderärzte berichteten an dieser Stelle vor Kurzem über die dringende Notwendigkeit der Masernimpfung für Kinder. Nun wurde kürzlich eine Studie im renommierten Wissenschaftsjournal “Science” veröffentlich, die die Gefährlichkeit der Erkrankung unter einem vielen Menschen unbekannten Aspekt bestätigt. Eine Maserninfektion kann den Patienten durch eine tiefgreifende Schwächung des Immunsystems nämlich auf Jahre hinaus (!) anfälliger für andere Krankheitserreger machen. Die Maserninfektion zerstört die Gedächtniszellen des Immunsystems, sodass die früher schon erworbene Fähigkeit zur Abwehr vieler Keime dann wieder mühsam über lange Zeit aufgebaut werden muss. Durch die Impfung wird die Entstehung der beschriebenen Schwächung des Immunsystems verhindert, wodurch sich neben dem direkten Effekt der Vermeidung von Masernkomplikationen auch die massive Senkung der Kindersterblichkeit seit Einführung der Masernimpfung vor 50 Jahren erklären lässt. Kaum eine Erkrankung ist leichter zu verhindern. Die Kinderärzte raten zur Masernimpfung. DrS

Mittagsschlaf

Die Kinderärzte werden oft zu Themen rund um den Mittagsschlaf bei Säuglingen und Kleinkindern befragt. Darum auch an dieser Stelle einmal ein paar Bemerkungen dazu. Wie wichtig der Mittagsschlaf für die Gesundheit und die Entwicklung von Kindern ist, zeigen viele Daten. Dies ist für Kinder bis 2 Jahre gut belegt. Wie ist das aber danach? Eine kürzlich erschienene Studie australischer Forscher hat sich mit diesem Thema beschäftigt. Diesen Daten zufolge kann auch nach dem 2. Geburtstag ein Kind vom mittäglichen Nickerchen eindeutig profitieren, aber nicht immer. Es gibt auch Kinder, bei denen die positive Wirkung des Mittagsschlafs ins Gegenteil umschlägt und die Nachtruhe negativ beeinflusst. Darum ist bei nächtlichen Schlafschwierigkeiten die Mittagsschlafgewohnheit zu hinterfragen. Vielleicht kann man es kurz so zusammenfassen: Wenn ein Kind den Mittagsschlaf gerne macht und somit offensichtlich zeigt, dass es ihn braucht, soll es seine Mittagsruhe unbedingt wahrnehmen dürfen. Die Kinder, die den Mittagsschlaf ab etwa 2 Jahren aber abschaffen wollen, sollte man gewähren lassen. Es bringt weder Eltern noch den Kindern Vorteile, dann einen Mittagsschlaf zu erzwingen. Das wird sowieso …

Keine Angst vor dem Zahnarzt!

Die Kinderärzte sprechen mit Kindern und Eltern oft über die Notwendigkeit zahnärztlicher Prophylaxe, Kontrolle und Behandlung. Oft wird auch gefragt, wie man die Kinder auf Zahnarztbesuche vorbereiten sollte. Dazu gibt es einige Tipps, die übrigens auch für andere Bereiche der Medizin, also auch für den Kinderarztbesuch, gelten: – Der wichtigste Punkt ist, dass die Eltern ein angstfreies Vorbild sind bzw. ihre eigene Angst nicht auf die Kinder übertragen. Kinder nehmen auch nonverbale Signale deutlich wahr! – Gehen Sie nicht erst, wenn eventuell schmerzhafte Behandlungen anstehen. Kontrollen sind medizinisch sinnvoll, machen die Normalität eines Zahnarztbesuches klar, führen zu Gewöhnung und bauen Ängste ab. – Planen Sie ausreichend Zeit für den Zahnarztbesuch ein, Hetzte führt zu Stress und lässt denn Besuch eventuell misslingen. – Machen Sie keine falschen Versprechungen, sondern bereiten Sie das Kind spielerisch, eventuell auch mit einem Buch, auf den Zahnarztbesuch vor. Oder spielen Sie die Situation mit dem Kuscheltier vor. Es sollte aber auch kein Thema sein, das zu breiten Raum einnimmt. – Drohen Sie nicht mit dem Zahnarzt, wenn das Kind zum Beispiel …

Regretting motherhood – ein Tabuthema

Regretting motherhood, wörtlich übersetzt die Mutterschaft zu bereuen, ist ein Thema, das kaum in der Öffentlichkeit angesprochen oder gar diskutiert wird. Es gibt dazu auch wenig wissenschaftliche Forschung. Dennoch scheint das Thema weit verbreitet und von großer Bedeutung. Orna Donath, eine israelische Soziologin befasst sich mit “regretting motherhood”. Sie beschreibt die ganz allgemeine Ambivalenz, das Hin- und Hergerissen sein, von Frauen, die Mütter sind. In ihrer jüngsten Studie zeigt Frau Donath, dass Frauen verschiedenen Alters, obwohl sie ihre Kinder lieben und schätzen, doch nicht selten ihre Entscheidung für das Dasein als Mutter, die Übernahme der Verantwortung für das Kind, die Belastungen, die körperlichen Veränderungen und den Verlust ihrer Freiheit und Selbstbestimmung bereuen. Dieses hier beschriebene Phänomen hat laut Orna Donath ganz ausdrücklich zunächst nichts mit der Problematik der Mehrfachbelastung der Frau in der heutigen Gesellschaft, mit der Belastung durch Beruf, Kariere, Kinder, Haushalt und Partnerschaft oder mit besonders belastenden Umständen wie der Krankheit eines Kindes zu tun, sondern ist ein tiefergreifendes und älteres Problem. Die Gesellschaft trägt an Frauen die Erwartung heran, dass sie Mütter …