Alle Artikel in: Kindererziehung

Kinderbetreuung im Krankheitsfall

Viele Eltern fürchten es: das Kind wird krank, aber Mama und Papa müssen auf die Arbeit. Und nun? Wer betreut das Kind? Die Not und manchmal auch die Angst um den Arbeitsplatz sind hier groß! Das hören wir sehr oft in der Sprechstunde. Ja, Eltern haben Anspruch auf 10 Kinderkrankentage im Jahr, zumindest wenn sie gesetzlich versichert sind. Aber 10 Tage sind in einer Infektsaison schnell aufgebraucht – ebenso wie die Geduld mancher Vorgesetzter, die zum Teil erheblichen Druck auf die Eltern ausüben. Deshalb geben immer wieder Eltern wider besseres Wissen aus Angst und mit schlechtem Gewissen die Kinder krank in die Kita oder die Schule. Viele Familien können leider nicht auf Großeltern zurückgreifen, weil diese entweder viel zu weit weg wohnen oder selbst noch berufstätig, krank oder nicht belastbar sind. Das System der Sicherstellung einer Kinderbetreuung im Krankheitsfall ist in der BRD hinter anderen Ländern zurück. Es fußt auf der heutzutage einfach nicht mehr gegebenen Annahme, dass es im Hintergrund schon noch Betreuungspersonen gibt, die im Falle der Erkrankung eines Kindes einspringen. Das ist …

Mobbing in der Schule

Der Begriff “Mobbing” wird heutzutage sehr häufig gebraucht, aber nicht immer ist die Verwendung treffend, was sich in vielerlei Hinsicht negativ auswirken kann. Einerseits gibt es leider viele Kinder, die tatsächlich gemobbt werden und unter den Folgen stark leiden. Andererseits kommt es aber auch immer wieder vor – gerade weil der Begriff z.T. sehr inflationär eingesetzt wird – dass Kinder ungerechtfertigterweise des Mobbings bezichtigt werden und dann unter den Folgen der Sanktionen ebenfalls erheblich zu leiden haben. Aus diesem Grund ist zunächst eine kurze Begriffsklärung notwendig. Streitigkeiten, Konflikte oder auch aggressive Auseinandersetzungen kommen in den besten Freundschaften vor und sollten möglichst unter den Kindern selbst – falls notwendig unter Einbeziehung der an vielen Schulen dafür ausgebildeten Streitschlichter – gelöst werden. Im Unterschied dazu ist Mobbing ein Verhalten, das auf die soziale Ausgrenzung der gemobbten Person abzielt und über einen längeren Zeitraum und in regelmäßigen Abständen auftritt. Bei den Mobbing-Opfern entsteht dadurch ein sehr hoher Leidensdruck. Das Problem ist, dass häufig erst die veränderten Verhaltensweisen die einzige Möglichkeit für Außenstehende wie Eltern oder Lehrer darstellen, Mobbing …

Der Einfluss der Erziehung wird vollkommen überschätzt

Eltern können nicht so viel falsch machen. Das ist kurz und knapp die – entlastende -Zusammenfassung, wenn man umfangreiche Studien zu Erziehung und zur Genetik, die sich mit dem Einfluss der Eltern auf die Kinder auseinandersetzen, im Gesamtüberblick ansieht und zusammenfasst. Eine unendliche Vielzahl an Erziehungsratgebern überschwemmt den Markt. Oft auch profitierend von der unnötigen Angst der Eltern, “etwas falsch” zu machen, eine Sichtweise, die viele Eltern enorm stresst! Viele, oft sehr widersprüchliche Aussagen sind da zu lesen.Soll man nun beispielsweise streng oder doch sehr locker erziehen? Nicht wenige Erziehungsratgeber wurden ja auch längst widerlegt, zum Beispiel ist Autismus eben keine Folge falscher Erziehung. Vorausgesetzt, ein Kind bekommt Geborgenheit und es erlebt keine körperliche oder seelische Misshandlung, ist nun aber der Einfluss der Erziehung oder eines Erziehungsstils tatsächlich geringer als gemeinhin angenommen. Wichtiger scheint zu sein, welches Verhalten die Eltern den Kindern in verschiedenen Situationen (z.B. bei Konflikten) vorleben. Es gibt Daten, die nahelegen, dass Kinder vom Umfeld außerhalb der Familie sogar stärker geprägt werden. Die Gene spielen eine erhebliche Rolle. Knapp die Hälfte aller …

Warnung – keine Schlafmittel zur elterlichen Entlastung

Es ist ein zunehmender und höchstbedenklicher Trend, vor dem sogar jüngst das bayerische Gesundheitsministerium warnte: (Klein-)Kinder, die nicht durchschlafen, bekommen Schlafmittel verabreicht, weil die Eltern mürbe und erschöpft sind (“Ich muss mal wieder schlafen, ich bin am Ende!”). Und endlich gibt es eine ruhige Nacht. Endlich Ruhe im Kinderzimmer. Die Eltern sind am nächsten Tag bester Dinge – und weil es so gut funktioniert hat, könnte man das Ganze vielleicht gleich nochmal probieren?!? Au weia! Wir Kinderärzte raten dringendst ab! Wir kennen das Problem gut, von unseren Patienten wie auch aus eigener Erfahrung. Säuglinge und Kleinkinder sind anstrengend – gerade auch nachts. Aber das Risiko schwerer gesundheitlicher Probleme durch Schlafmittel ist sehr hoch, nein: viel zu hoch! Atemstillstände, Abhängigkeit, Leber- und Nierenschäden sind beispielsweise zu nennen. Auch früher – z.B. in der Antike oder im Mittelalter – gab es schon Bemühungen, den Nachtschlaf von Kindern zu verbessern. Es wurde zum Beispiel Alkohol oder Mohn als Schlafmittel eingesetzt. Natürlich sind dies ebenfalls höchst gefährliche Maßnahmen, die nicht angewendet werden dürfen. Im Zentrum dieser Diskussion steht die …

Der Ball

Haben Sie als Kind auch so viel Ball gespielt? Ich erinnere mich gut, wie wir als Kinder mit den verschiedensten Ballspielen den Nachmittag verbracht haben. “Zehnerle” heißt eines dieser Spiele, bei dem man in aufsteigendem Schwierigkeitsgrad verschiedene Ballkunststücke ohne Fehler absolvieren musste, um schließlich Sieger werden zu können. Dabei haben wir Kinder ganz automatisch Reaktionsschnellikeit, Koordination, Körpergefühl und vieles mehr trainiert. Lars kommt zur Vorsorge U8. Er ist vier und ein pfiffiges Kerlchen. Schließlich kommt der Teil der Untersuchung, wo die Kinder einen Ball fangen und werfen sollen. Das ist für Lars sehr schwierig. Es gelingt ihm trotz vorsichtigen Heranführens und größter Mühen des Kinderarztes nicht, den Ball aus etwa 1m Entfernung zu fangen. Dennoch findet Lars das Ballspielen offensichtlich lustig. Die Mutter erzählt, dass Lars Ballspiele noch nie gemacht hat! Etwa drei Monate später: Der Osterhase hat Lars 3 Bälle gebracht und der Junge hat mit seiner Mama immer wieder Ballspiele gemacht. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Er ist schon ein richtiger kleiner Profi und fängt den Ball ganz sicher. Und zwar ganz …

Liebe Eltern, lasst euch nicht den Schneid abkaufen!

Tom, 4 Jahre, kommt mit seiner Mama in die Praxis. Eigentlich geht es zunächst um Bauchschmerzen. Schnell kann die Diagnose gestellt werden, Tom hat eine ausgeprägte Verstopfung. Medizinisch ist die Sache klar, Umstellung auf eine entsprechende Ernährung, hohe Trinkmenge usw. sind die nun erforderlichen Maßnahmen. Das weiß auch Toms Mama, die die Diagnose bereits selbst zu Hause gestellt hatte. “Aber das geht alles nicht, Herr Doktor! Da müssen Sie (!!) jetzt was anderes machen! Auf die Milchschnitten kann er nicht verzichten, das gibt sonst sooo ein Gebrüll!” Dann fängt Toms Mama fast zu weinen an. Schlussendlich wird klar, dass sie erschöpft ist, kaum Grenzen setzt, da sie Toms Widerstand fürchtet und nun hofft, dass der Arzt an dieser erzieherischen Problemsituation ganz schnell etwas ändert. Lange sprechen wir über Erziehung, Grenzsetzung, liebevolle Konsequenz und Möglichkeiten der elterlichen Entlastung. Prinzipiell etwas, was in der Eigenverantwortung der Eltern liegt. Somit müssen auch diese selbst und nicht der Arzt, das Problem angehen. Toms Mama wird auch ermutigt, ihre Erziehungskompetenz wahrzunehmen und sich nicht den Schneid abkaufen zu lassen. Wir …

Big Mummy/Daddy is watching you!

Optimierung des Kinderalltags per App? Überwachung des Kindes per Handy, Armbanduhr oder anderer Geräte? Fiktion oder Realität? Es war ein ganz wichtiger Wunsch, das eigene Handy. Finja, 10 Jahre, bekam es, als sie auf das Gymnasium wechselte und alleine mit dem Bus in die Stadt fahren musste. Bei der Inbetriebnahme und dem Einrichten des Gerätes, was Vater und Tochter gemeinsam machten, kam der Punkt, an dem man einstellen musste, ob eine Überwachungsfunktion aktiviert werden sollte, also beispielsweise der Standort des Kindes für die Eltern immer gemeldet werden sollte. Der Vater stutzte, hatte er diese Frage bei der Inbetriebnahme doch gar nicht erwartet. Finja jedoch war entsetzt und bat sofort darum, diese Funktion nicht zu aktivieren: “Da komme ich mir so kontrolliert vor!” Es gibt Babysmartwatches und andere elektronische devices, die mit entsprechenden Symbolen nicht nur, wie bei den Erwachsenen, an Alltagstätigkeiten erinnern, sondern die auch eine Überwachung des Kindes zulassen – beispielsweise auch mit der Funktion, dem Kind unbemerkt zuzuhören oder es anzusprechen. Die Hersteller sprechen von Vorbereitung fürs Leben und von Sicherheitsaspekten. Zum Teil …

Linkshändigkeit sollte kein Problem mehr sein!

Viele berühmte Personen wie Barack Obama oder Leonardo da Vinci sind oder waren Linkshänder. Tatsache ist: Etwa 10-30% der Menschen sind Linkshänder. Auch Paul, 5 ½ Jahre, ist klarer Linkshänder. Das war natürlich schon immer so, denn die Händigkeit ist angeboren! Dennoch ist Linkshändigkeit bis heute etwas, was den Kindern auf ihrem Weg Probleme bereiten kann, obwohl dies natürlich nicht so sein dürfte. Unfassbar: Pauls Eltern wurde bei der Einschulungsuntersuchung geraten (er hatte seinen Namen spiegelverkehrt geschrieben), sich um ein privates Schreibtraining zu kümmern und Paul ein Jahr zurückzustellen. Und das, obwohl er ansonsten ein sehr gut entwickeltes Kind ist. Was heutzutage ganz klar ist: Kein Kind darf umerzogen werden. Zwangsumgeschulte Schreiber leiden meist ihr Leben lang, zum Beispiel an Gedächtnisstörungen oder Konzentrationsproblemen und anderen, zum Teil schwer fassbaren Problemen. Man kann die Händigkeit im Zweifelsfall auch austesten. Es gibt Möglichkeiten und Stellen für Linkshänderberatung. Und selten brauchen die Kinder gegebenenfalls auch Training und Hilfe, wenn sie sich noch nicht sicher sind über ihre Händigkeit. Auch wichtig: Die Kinder benötigen dann auch entsprechende Materialien, zum …

Trumps “Alternative Fakten” – und wie erziehen wir die Kinder?

Klar, Gesellschaft und Politik haben Einfluss auf unsere Kinder. Aber es lohnt doch, nochmals kurz über die Zusammenhänge nachzudenken. Wie sollten wir unsere Kindererziehung hinsichtlich der sich momentan abzeichnenden Entwicklungen ausrichten? Zunächst ein Blick in die Zeitung: Dass selbst grundlegende moralische Vorstellungen oder gar die eigenen Gesetze den neuen US-Präsidenten nicht interessieren, ist nun täglich und hinlänglich klar geworden. Der Politikstil Trumps ist von hohem Tempo gekennzeichnet und brandgefährlich. Was steckt aber grundlegend dahinter? Mister Trump spricht von “alternativen Fakten” – unliebsamen Tatsachen wird dadurch begegnet, dass man andere Aussagen (die nicht bewiesen werden müssen, weil sie ja “Fakten” sind) entgegenstellt. Schaffe Dir Deine passende Wirklichkeit! Dies gab’s auch früher schon. Trump ist zudem nur ein Repräsentant einer weltweiten politischen und gesellschaftlichen Entwicklung mit verschiedenen Nuancen, die schon viel früher und in vielen Ländern begonnen hat. Dort heißen die Pendants zu Trump dann zum Beispiel Le Pen, Kaczynski, Erdogan oder Orban. Was passiert, wenn diese politischen und gesellschaftlichen Tendenzen schlussendlich akzeptiert werden? Wenn es Menschen gestattet wird, sich – aus welchen Gründen auch immer – …

Ein Hoch auf die Papas!

Viel wird geschrieben und geforscht über die Mütter, ihre zentrale Rolle und ihren wichtigen Einfluss in der Kindheit. Oft gerät die Bedeutung der Väter in der Betrachtung dabei sehr aus dem Blick. Dabei ist die Rolle der Väter extrem wichtig. Und wir erleben es in der Praxis: Viel mehr Väter als früher kommen zum Beispiel mit zu den Vorsorgeterminen ihrer Kinder. Ob und wie sehr sich ein Vater in den ersten Lebensjahren in den Alltag des Kindes und die Erziehung einbringt, spielt für das spätere Verhalten von Kindern und Jugendlichen eine enorme Rolle. Die Kinder sind einer britischen Studie zufolge eindeutig psychisch stabiler und seltener verhaltensauffällig, wenn die Väter sich entsprechend einbrachten. Nachfolgende Schwierigkeiten seelischer oder sozialer Natur traten um 14% seltener auf. Die Kinder entwickeln leichter ein gesundes Selbstbewusstsein, wenn sie mit beiden Elternteilen Erfahrungen und Gefühle teilen. Frauen und Männer gehen an Kinder sehr unterschiedlich heran, beginnend beim Spielen über das Sprechen oder Füttern bis hin zum Wickeln. Das bemerken bereits Babys mit 2 Monaten! Sie bewegen sich bei Papa anders auf dem …