Alle Artikel mit dem Schlagwort: elterliche Kompetenz

„Stop!“ ohne schlechtes Gewissen – Selbstschutz für Familien (ein Gastbeitrag von Anastasia Weinberg)

Bereits seit vielen Wochen werden Familien mit äußeren Faktoren konfrontiert, auf die sie keinen direkten Einfluss haben. Sie erzeugen Druck und sorgen für eine enorme Belastung. Dennoch versuchen Eltern jeden Tag  für Kinder und Familienmitglieder da zu sein. Sie begleiten sie durch den Tag, erfüllen Wünsche und stillen Bedürfnisse, ganz unabhängig davon, wie es ihnen körperlich und psychisch geht und wie sehr die momentanen Einschränkungen, Veränderungen und Bestimmungen die Bewältigung des Alltags zusätzlich erschweren. Immer häufiger überschreiten sie dabei die eigene Belastungsgrenze und erleben Tage voller Unzufriedenheit und Selbstzweifel. Unsere Gastautorin Anastasia Weinberg (Bayreuth) ist selbstständige systemische Beraterin und Erzieherin. Als pädagogische Fachkraft mit langjähriger Praxiserfahrung erlebt sie hautnah, welche Schwierigkeiten Kinder, Eltern und Teams tagtäglich überwinden müssen. Sie begleitet Eltern und Pädagog*innen auf dem Weg zu innerer Stärke, Gelassenheit im Alltag mit Kindern, wertschätzender Kommunikation und zu gesundem Selbstschutz. Sie ist Mediatorin in alltags- und lösungsorientierten Workshops. Auf Facebook und Instagram (@systemischpaedagogisch) schreibt sie über aktuelle Themen und persönliche Erfahrungen oder gibt Impulse zu Selbstreflexion und Selbstfürsorge. Kontakt: www.systemisch-paedagogisch.de An solchen Tagen häufen sich …

Ich brauch nur die Beruhigung!

Ich brauch nur die Beruhigung! Diesen Satz hören wir in der Praxis oft. Ob beim grippalen Infekt, Entwicklungsthemen oder bei Erziehungsfragen – die Rückversicherung beim Arzt, ob das, was die Eltern sich bereits selbst überlegt haben, sinnvoll ist oder ob sie eine Situation richtig einschätzen, ist oft wichtig. Dieses Bedürfnis nach Rückversicherung kennen wir alle. Oft braucht es einen Partner, mit dem man zusammen die Lösung eines Problems besprechen kann. Bei medizinischen Fragen im Sinne von (schweren) Erkrankungen braucht es auf jeden Fall den Arzt, um Symptome einzuordnen und Diagnostik und Therapie einzuleiten. Bespielsweise bei banalen Infekten ist dies dagegen nicht immer notwendig. Da darf man ruhig auch einmal seinem eigenen Bauchgefühl trauen. Wenn das Kind spielt und lacht, ist der Infekt eher unproblematisch. Hier also ruhig Mut, trauen sie sich auch selbst Kompetenz in der Einschätzung Ihres Kindes zu. Bei unklaren Situationen, zu langer Dauer oder Warnhinweisen muss dann natürlich wieder der Arzt ran. Auch wenn er dann doch oft beruhigend sagen darf, dass ein Infekt ohne Komplikation vorliegt.

Erste Regeln für Kleinkinder – die drei, ohne die es nicht geht

Es ist ja nicht neu (und wurde im Kinderarztblog ja auch schon mehrfach thematisiert): Kinder sollten Regeln lernen, aber nicht zu viele. Und auch nur, wenn diese gut zum viel wichtigeren Lernen am Vorbild der Eltern passen. Manche Regeln sind dennoch sinnvoll. Die drei wichtigsten für das Alter ab 1 bis 3 Jahre sind für mich die folgenden. Sie erleichtern das Leben der Eltern, nehmen etwas von Stress und Chaos aus der Familie und sind langfristig sinnvoll, außerdem nicht zu aufwändig durchzusetzen: Es wird nichts herunter geworfen! warum? weil Dinge kaputt gehen, weil zerbrechliche Dinge ansonsten immer wieder verräumt werden müssen, weil dann mehr Ruhe herrscht, etwa auch am Esstisch. Erziehungstipp: klare Reaktion der Eltern, etwa das Umsetzen des Kindes vom Lieblingssitzplatz auf den Boden, kein Lachen der Anwesenden. Mit Essen wird nicht gespielt! warum? Neben der ethischen Betrachtung,dass Essen etwas Wertvolles ist, führt Spielen mit dem Essen zu Verschmutzung von Kleidung und Innenräumen. Außerdem sollten zur Vermeidung von Essstörungen Nahrungsmittel generell von Spielzeug abgegrenzt werden. Erziehungstipp: Überzähliges Essen entfernen, sobald vom Essverhalten auf Spielverhalten …

Film-Tipp: The Black Swan – Ein unheimliches Drama mit kinder- und jugendpsychiatrischem Tiefgang

Perfection is not just about control. It’s also about letting go. Ein unheimlicher Film, der sich mit dem Thema Perfektionismus und deshalb auch mit der Perfektion in der Kindererziehung auseinandersetzt. Das Thema ist der rote Faden, der sich durch den Film vor dem Hintergrund einer Ballett-Geschichte hindurchzieht. Black Swan, der der brillanten Hauptdarstellerin Natalie Portman 2011 einen Oscar einbrachte, ist mit unzähligen Filmpreisen ausgezeichnet worden. Die Story: Eine Mutter setzt alles daran, in ihrem Kind ihren eigenen Traum einer Star-Primaballerina erfüllt zu sehen. Dazu übt die vordergründig liebende Mutter eine subtile aber umfassende Kontrolle auf das Leben ihres Kindes aus und das Kind zeigt Gehorsam und eiserne Disziplin. Dieses Streben nach Perfektion hemmt die junge Frau, lässt sie psychisch erkranken (und zwar erleidet sie eine autoaggressive Erkrankung, also den Zwang zu Selbstverletzungen, eine Essstörung und Wahrnehmungsstörungen), was sie schließlich zerstört. Trotz allen vordergründigen Erfolgs. Deshalb dieser Film- und Lebens-Tipp: Perfektion ist nicht nur eine Frage der Kontrolle. Es ist genauso wichtig sich fallen zu lassen. Natürlich ist die Thematik, wie immer in einem Spielfilm, vereinfacht und …

Dramaqueens und Zornbolde – 7 Tipps wenn Ihr Kind beim Kinderarzt brüllt!

Kinder schreien beim Kinderarzt gerne einmal oder wehren sogar eine Untersuchung so ab, dass sie auch von versierten Ärzten kaum mehr mit sicherem diagnostischem Ergebnis durchgeführt werden kann. Das letztere ist auch das eigentliche Risiko, das in einem Kinderarztbrüller steckt, und weit wichtiger als eventuelle Peinlichkeiten für die begleitenden Eltern. Zunächst einmal: Die Kinder dürfen das. Im Alter von 9 Monaten bis 24 Monaten ist abwehrendes Verhalten eher die Regel als die Ausnahme. Es ist natürlicher Selbsterhaltungstrieb („ich schütze meinen Körper vor Schmerz oder Verletzung“), häufig kombiniert mit einer ersten Phase der Selbstabgrenzung („Fremdeln“). Nach dem Alter von 2 Jahren ist ein abwehrendes und vor allem heftig schreiendes Verhalten beim Arzt zunehmend ungewöhnlicher. Man findet es später eher bei hysterisch veranlagten Kindern. Eine eigentliche Angst vor der Praxis tritt immer mehr in den Hintergrund und die “Show”, die Chance, im Mittelpunkt zu stehen und den eh schon gestressten Eltern die eigene Macht zu demonstrieren tritt in den Vordergrund. Doch was tun, wenn Ihr Kind beim Kinderarzt immer zur Dramaqueen oder zum Zornbold mutiert? Es geht …

Förderung durch Heilmittel?

Der kleine Fritz, 2 Jahre, kommt zur U7. Er spielt sehr kooperativ mit dem Arzt und lässt sich schön untersuchen. Fritz spricht wenig, wobei seine Mutter berichtet, dass nun immer wieder neue Wörter hinzukommen und dass Fritz auch schon 2-Wortsätze bildet. Zusammenfassend kann die Entwicklung des Jungen bei dieser U7 erfreulicherweise als normal beurteilt werden. Der Rat des Arztes wäre, weiterhin häuslich die Entwicklung von Fritz ganz allgemein zu fördern, auch in sprachlicher Hinsicht. In diesem Zusammenhang ist das Anbieten von Sprache durch Erzählen, Sing- und Sprechspiele, Vorlesen und Ähnlichem natürlich sehr wichtig. Die Mutter von Fritz möchte nun aber Logopädie und Ergotherapie verordnet haben. Auf erstaunte Nachfrage nach dem Warum äußert sie, nichts verpassen zu wollen, die sprachliche Entwicklung sei nicht so wie bei anderen Kindern aus ihrem Umfeld und auch die motorische Entwicklung sollte ihrer Meinung nach gefördert werden. Die Kinderärzte antworten: Nein, wir raten von einer Heilmittelverordnung für Fritz ab! Zum einen ist Fritz´ Entwicklung normal, eine Therapie damit nicht notwendig. Eine Therapie setzt außerdem eine Diagnose, also eine Erkrankung, voraus. Die …