Alle Artikel in: Familie

“Die Arche Noah” oder “Verschiedenheit ist ein Gewinn”

Wir leben in Deutschland in einer hochtechnisierten und hochorgansierten Gesellschaft. Dies hat viele Vorteile. Aber das hat auch Nachteile. Eine hochorganisierte Gesellschaft tut sich nämlich schwerer damit, mit vom Mainstream abweichenden Varianten klar zu kommen. Und das erleben wir eben ganz besonders schon bei Kindern. Nicht alles, was gerade nicht in die Standardschublade passt, ist gleich unnormal. Beispiel: Es ist definitiv nicht automatisch unnormal, wenn ein Kind im vorherrschenden Schulsystem nicht optimal mitkommt. Oft passen der Lehrer und/oder das Schulsystem einfach nicht. Und in der Regel hat das Kind dafür andere Stärken Wir sehen hier auf der einen Seite eine Schwäche der Gesellschaft, zu Gunsten des einfach zu organisierenden Mainstreams auf andere Wege zu verzichten, die vielleicht ganz andere, bessere Sichtweisen und Lösungen hätten. Wir erleben aber gerade hier auch viele Sorgen der Eltern, denen häufig signalisiert wird ihr Kind sei auf irgendeine Weise unnormal, nur, weil es im Mainstream nicht so einfach organisierbar ist. Die Kinderärzte sehen es deshalb auch als ihre Aufgabe an, hier um Verständnis und Toleranz zu werben, und Gesellschaft (das …

Tipps für die Vorschulzeit # 3

Die Kinderärzte schließen die kleine Serie mit Tipps zur Vorschulzeit mit dem folgenden Beitrag ab. Welche Bereiche lassen sich im Alltag noch spielerisch fördern? Bereich Gedächtnis: Singen Sie häufig in der Familie Lieder. Für die Kinder ist es nicht wichtig, wie gut Mutter oder Vater singen. Sprechen Sie miteinander Kinderverse oder Kinderreime und wiederholen Sie diese rhythmisch, es gibt hierfür viele Bücher, in denen Sie sich Anregungen holen können. Es gibt viele Merkspiele, wie das Kofferpacken oder das Teekesselspiel oder das bekannte Memory. Sie werden den Erfolg der Übung feststellen. Auch im Alltag kann man Gedächtnisübungen durchführen, wie zum Beispiel sich beim Einkaufen an die Gegenstände zu erinnern und erst am Schluss den Einkaufzettel zu Rate zu ziehen. Das Kind sollte seine Adresse, seinen Geburtstag und sein Alter wissen. Leistungswille: Nehmen Sie Ihr Kind ernst und wecken Sie auch in den Bereichen sein Interesse, die dem Kind schwerer fallen, nicht gefallen oder es nicht interessieren. Führen Sie Ihr Kind mit den verschiedensten Anregungen und unter Ausnutzung aller seiner Sinne an unterschiedliche Themen heran. Haben Sie …

Tipps für die Vorschulzeit # 2

Die Kinderärzte berichten: Ganz generell, aber auch im Hinblick auf die Einschulung, können Sie viele Bereiche bezüglich verschiedener Grundkenntnisse und altersentsprechender Fertigkeiten bei Ihrem Vorschulkind förden. Wir wollen Ihnen für die verschiedenen Bereiche Anregungen geben, die Sie zuhause im Alltag umsetzen können. Dies geht allerdings nur, wenn Sie kontinuierlich über einen längeren Zeitraum mit Ihrem Kind trainieren. Denkfähigkeit: Beziehen Sie Ihr Kind in alltägliche Abläufe ein und fordern Sie es dabei heraus. Rezepte können nachgekocht werden, Schritt für Schritt. Lassen Sie auch einmal einen Fehler zu und suchen Sie mit Ihrem Kind die richtige Lösung. Auch kann man, z.B. anhand von Bau- oder Spielanleitungen, Konstruktionen oder Abläufe logisch nachvollziehen. Das fertige Ergebnis macht die Kinder sehr stolz. Sprachfähigkeit: Fordern Sie ihr Kind wiederholt auf, keine Kleinkindsprache mehr zu sprechen. Suchen Sie im Alltag viele Gelegenheiten, längere Zeit mit Ihrem Kind zu sprechen. Moderne Medien wie das Fernsehen können Sprach- und vor allem Gesprächsfähigkeiten nicht vermitteln. Fordern Sie Ihr Kind auf, genau hinzuhören, aber hören Sie Ihrem Kind auch gut zu. Mengen und Zahlen: Machen Sie …

Tipps für die Vorschulzeit # 1

Die Kinderärzte werden häufig gefragt, wie Eltern ihre Kinder auf die Schule vorbereiten können. Wir haben dazu ein paar Anregungen für Sie in 3 Beiträgen zusammengestellt, die wir in den nächsten Wochen für Sie in diesen Blog stellen wollen. Im Folgenden nun Teil 1 dieser kleinen Serie. 1. Ganz wichtig: Trauen Sie Ihrem Kind etwas zu! Förderung bedeutet, Ihr Kind schrittweise und dem Alter entsprechend auch in die Selbstständigkeit zu entlassen. 2. Lernen Sie die Grenzen der Leistungsfähigkeit Ihres Kindes zu akzeptieren und überfordern Sie Ihr Kind nicht. 3. Sprechen Sie generell positiv über die Schule, umgekehrt stellen Sie die Schule aber auch nicht übertrieben oder falsch positiv dar. 4. Reizüberflutung überfordert Kinder. Oft ist ein geringeres Angebot, das den Kindern eine intensivere Auseinandersetzung mit einem Gegenstand möglich macht, wesentlich förderlicher. 5. Ordnung und Spielregeln sind selbstverständlich – auch im Umgang mit anderen Menschen. Z.B. beim Zuhören und beim Sprechen sind Regeln und Abmachungen wichtig. 6. Unterstützen Sie die Lernbegierde Ihres Kindes. Ihr Kind muss aber vor der Einschulung Fähigkeiten und Kenntnisse wie Schreiben oder …

Selbstverletzendes Verhalten (Gastbeitrag)

Anders als Magersucht – hier kann man zum Beispiel das durch die Medien propagierte Schönheitsideal als Ursache ausmachen – oder Drogensucht erscheint selbstverletzendes Verhalten Außenstehenden meist völlig unverständlich, da der Betroffene sich hier offenkundig selbst schadet, was man bei anderen Suchterkrankungen zunächst leichter verdrängen kann. Der Weg hin zum selbstverletzenden Verhalten ist jedoch häufig mit dem z.B. in eine Drogensucht vergleichbar. Auslöser sind oftmals seelisch belastende Situationen wie Leistungsdruck, Überforderung oder traumatische Erlebnisse. Zum Druckabbau kommt es dann – zumindest kurzfristig – durch den als Entlastung empfundenen Schmerz. Da die Wirkung sofort eintritt, macht das Verhalten schnell abhängig. Gerade weil für Außenstehende die selbstverletzenden Handlungen nur schwer nachvollziehbar sind, ist der Umgang mit der Erkrankung für sie sehr schwierig. Hinzu kommt, dass die Schnitte oder auch Brandmale meist sehr gut verborgen sind, da sie an durch Kleidung verdeckten Hautstellen vorgenommen werden. Hat man allerdings den Verdacht, dass das Kind, die Freundin oder der Freund sich selbst verletzt, ist es wichtig, keine Vorwürfe zu äußern. Betroffene sind von sich selbst enttäuscht, weil sie nichts gegen das …

Kindliche Sexualität – einige Anmerkungen

Die Kinderärzte berichten: Sehr oft werden wir von besorgten Eltern von Säuglingen, Klein-, Kindergarten- und Schulkindern gefragt, was sie tun sollen, weil das Kind masturbiert. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Experten einig sind, dass das ein im Kindesalter normales Phänomen ist! Die sexuelle Entwicklung beginnt nicht erst in der Pubertät! Kindliche Sexualität ist allerdings anders gelagert als die Sexualität Erwachsener. Babys und Kleinkinder erfahren ihre Sexualität im Gegensatz zu Erwachsenen nicht genital zentriert, sondern mit allen Sinnen und auf körperliches Wohlgefühl ausgerichtet. Kinder drücken damit auch nicht die Zuneigung zu einem anderen Menschen aus. Für die Kinder stehen sie selbst im Mittelpunkt ihrer Sexualität. Größere Kinder können durchaus zu einem Orgasmus gelangen. Kinder kennen die gesellschaftlichen Sexualnormen noch nicht und entwickeln erst ab dem Kindergartenalter ein Schamgefühl. Man muss ihnen also sagen, dass es zuhause ok ist, sich selbst zu stimulieren, aber beispielsweise nicht beim Einkaufen. Denn man muss die Kinder auch schützen: Wie schnell filmt oder fotografiert zum Beispiel jemand ein Kind mit dem Handy… mit welchen Absichten auch immer. Kindliche Sexualität ist …

Diagnose Legasthenie (Gastbeitrag)

Kinder mit sehr schlechten Rechtschreibleistungen haben häufig einen langen Leidensweg hinter sich, bis letztendlich die Diagnose “Legasthenie” gestellt wird. Die ersten Schuljahre sind einerseits geprägt durch Selbstzweifel, andererseits auch durch die nicht zu erfüllende Erwartungshaltung der Eltern oder Lehrer. So empfinden viele Kinder und Eltern große Erleichterung, wenn sie das Attest in den Händen halten. Allerdings sollte damit sinnvoll umgegangen werden. Die Schule bietet Legasthenikern – völlig zu Recht – einen Schutzraum. So wird die Rechtschreibleistung nicht gewertet und den betroffenen Schülern wird eine Arbeitszeitverlängerung eingeräumt. Oft ist jedoch zu beobachten, dass sich die Schüler – verständlicherweise – auf der Diagnose ausruhen: “Wenn meine Fehler nicht bewertet werden, brauche ich mich doch auch nicht anzustrengen.” Hier ist es die Aufgabe der Eltern, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder die geschützte Situation nutzen können, um ihre Lese- und Rechtschreibleistungen zu verbessern. So kann z.B. eine konsequente logopädische Therapie deutliche Verbesserungen bringen. Für die jeweilige Ausprägung der Legasthenie geeignete Therapieformen lassen sich am besten mit Hilfe eines Kinder- oder Schulpsychologen finden. Klar ist: Man braucht Ausdauer, um …

Diskutieren Sie mit: Der Spagat zwischen Beruf und Familie

Die Kinderärzte erleben es nicht selten: Die Belastung durch den Versuch, das Leben mit Beruf und Familie sinnvoll zu vereinbaren, ist für Eltern eine enorme und bisweilen – unter den aktuellen Gesellschaftsbedingungen – nicht bewältigbare Herausforderung. Wir sehen nicht selten, dass Eltern an den Ansprüchen, die an sie herangetragen werden oder die sie selber meinen erfüllen zu müssen, scheitern. Und der enorme Druck kann erhebliche Schwierigkeiten nach sich ziehen. Der Tag hat auch für die effektivsten Eltern nur 24h und auch die belastbarsten Menschen haben physische und psychische Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Dies müssen auch wir modernen Menschen uns eingestehen. Und es gibt uns nicht nur als Berufstätige und als Elternteil, sondern auch als Einzelperson mit allen Bedürfnissen, Stärken, Schwächen und mit der normalen menschlichen Begrenztheit. Dies wird oft sehr leicht vergessen. Ständige Überforderung der menschlichen Möglichkeiten führt in die Sackgasse, man nennt das dann z.B. Burnout. “Alles” ist eben nicht möglich! Für die Burnoutprophylaxe gibt es einige gute Ansätze: Beispielsweise Prioritäten zu setzen, Ziele und die generelle Lebensgestaltung zu überdenken (Was will ich? Wo will …

Überlegungen zum Übertritt an eine weiterführende Schule (Gastbeitrag)

Im Kino läuft derzeit der durchaus sehenswerte Film “Frau Müller muss weg”, der von einem Gespräch von Eltern mit einer Grundschullehrerin handelt, in dem deutlich wird, dass – völlig unabhängig von der Eignung der Kinder – das einzige Ziel der Eltern darin besteht, dass die Viertklässler den Übertritt ans Gymnasium schaffen. Und wenn die Klassenlehrerin – Frau Müller – diesem Ziel im Weg steht, dann muss sie eben weg! Doch woher kommt die Idee, dass nur die gymnasiale Schulbildung und an ihrem Ende das Abitur den Kindern eine erfolgreiche berufliche Zukunft verspricht? Hier sind sicherlich mehrere Faktoren zu nennen: Es stimmt zwar, dass unser Schulsystem von unten nach oben nur sehr wenig durchlässig ist. Andererseits gibt es auch mit einem Haupt- oder Realschulabschluss viele Wege zum Hochschul- oder Fachhochschulstudium. So kann ein “Spätzünder” oder jemand, der einen Beruf gefunden hat, der ihm Spaß macht und in dem er sehr gut ist, über eine Lehre und die Meisterprüfung die Zulassung für ein Studium erhalten. Eine andere Möglichkeit ist der Weg über die FOS/BOS. Geschürt wird die …