Alle Artikel mit dem Schlagwort: Pubertät

Das Chaos-Zimmer

Kennen Sie das? Sie werfen einen Blick in das Zimmer ihres pubertierenden Kindes und Sie sehen das totale Chaos. Kleidung am Boden, Bonbonpapiere, Bücher, zum Teil Haufen aus verschiedensten Materialien, deren Übersteigung schon bergsteigerisches Können erfordert, leere Tassen, Teller mit angebissenem Marmeladenbrot und in diesem ganzen Tohuwabohu ein Jugendlicher, der Aufräumen als völlig unnötig ansieht. Über allem liegt der Duft ungewaschener, alter Käsesocken. Und Mama oder Papa packt das kalte Grausen. Wie so oft in der Kindererziehung muss man als Elternteil dennoch die Prioritäten hinterfragen und vielleicht mehr Wert auf das Befinden des Jugendlichen und die Beziehung zu ihm legen. Jugendliche sehen sich mit komplexesten Anforderungen konfrontiert, die sie bewältigen müssen, aktuell sogar noch unter den mehr als widrigen Coronabedingungen. Die Schule, der Freundeskreis, die eigene Entwicklung, der sich verändernde Körper, die große, weite und mehr als komplizierte Welt. Und demgegenüber ein Jugendlicher, dessen Hirn sich im komplexen Umbau befindet und der sich selber nicht mehr kennt. Chaos im Kopf und Chaos im Zimmer. Haben wir also Nachsicht und Geduld. Das wichtigste ist Rückhalt, eine …

Das Gruselwort „Pubertät“ – und ein Buchtipp (Ein Gastbeitrag von Inke Hummel)

Unsere Gastautorin Inke Hummel ist Pädagogin und arbeitet selbständig als Familienbegleiterin bei „sAchtsam Hummel“ sowie als Leiterin für Eltern­-Kind­-Kurse und Bloggerin. Als Coach mit entwicklungspsychologischer und bindungstheoretischer Ausrichtung unterstützt sie Familien im ersten Babyjahr, in der Kindergarten­ und Grundschulzeit sowie in der Pubertät. Besonders häufig begleitet sie Eltern mit gefühlsstarken Kindern und verhilft ihnen zu einer gelingenden Eltern­-Kind­-Bindung. Im Verein „Bindungs(t)räume“ setzt sie sich dafür ein, dass Eltern und Pädagogen die Bedürfnisse von Kindern besser verstehen. Sie ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und den drei Kindern in Bonn. Ihre Impulse rund um Eltern-Kind-Bindung und mehr findet man auf Twitter unter https://twitter.com/HummelFamilie sowie auf den Blogs https://bindungstraeume.de/ und https://inkehummel.de/blog. Im August erscheint außerdem auch  ihr erstes Kinderbuch “Der Mönkel und der geheimnisvolle Turm“ im claus Verlag – mehr Informationen gibt es unter https://inkehummel.de/buecher und https://claus-verlag.de/der-moenkel-und-der-geheimnisvolle-turm/   Immer, wenn jemand den Begriff „Pubertät“ erwähnt, wird es entweder erst einmal albern (Die Pickel! Das vergessene Deo!! Die lebendigen Speisereste auf den Tellern unterm Bett!!!) oder bedrohlich (Widerworte! Alkohol!! Drogen!!!). Ich selbst sehe Pubertät anders und empfinde …

Ja gleich, nerv´ nicht so!

Ich höre es an diesem Morgen zum gefühlten 1000ten Mal: „Ja gleich!“ Und meine Tochter kommt dennoch nicht runter zum Frühstück! Das kennt jeder – das Kind sagt einen Satz, den man schon wer-weiss-wie-oft gehört hat und der nur noch nervt. Und die Stimmung – ist dahin. Es gibt sicher noch viele andere Sätze, die auch in diese Kategorie gehören: · Ich weiß besser, wann ich müde bin als Du! · Die anderen dürfen viel mehr! · Die anderen dürfen viel länger auf der Party bleiben! · Nur Ihr seid so streng und macht so einen Streß! · Hallo – ich bin 13 und nicht 3! Die Frage ist nun nur – warum nerven diese Sätze? Und tun Sie das berechtigterweise? Sind wir Eltern einfach erschöpft? Hören wir uns vielleicht gerade in dem Satz des Kindes auch selber reden? Müssen wir Erwachsenen uns auch mal an der eigenen Nase fassen, denn was steckt wirklich hinter dem Satz des Kindes und der darauf folgenden elterlichen Antwort? Manchmal, aber nicht immer, sind es ja unsere eigenen – …

Drück mich, ich bin ein Kaktus!

Das kennen alle Eltern von pubertierenden Jugendlichen: es gibt Zoff, das Pubertier weiß alles, kann alles, ist stachelig wie ein Kaktus und ist generell plötzlich ganz anders, als das Kind, das man kannte. Die Stimmungen wechseln mindestens sekündlich. Und die Eltern, die sind wegen der ewigen Diskussionen oft erschöpft. Und nun? Das Gehirn in der Pubertät ist in einem Ausnahmezustand. Da muss sich der Jugendliche erst mal zurechtfinden. Schon eine große Leistung. Nicht zu reden von den Anforderungen in Schule oder Ausbildung. Was die Jugendlichen trotz ihrer Verwandlung in Kakteen in dieser sensiblen Phase brauchen ist Rückhalt, Zuneigung, Respekt und Begleitung. Wobei die Eltern eben immer mehr in den Hintergrund treten müssen und die Jugendlichen “machen lassen” müssen. Puh, das kostet Kraft. Und nicht immer ist der Ton der Jugendlichen angebracht, sie provozieren und schlagen über die Stränge. Die Eltern nervt das natürlich auch und sie sind manchmal mürbe. Und im Prinzip sagen die Pubertiere: “Drück mich, ich bin ein Kaktus!” Sie wollen und brauchen bedingungslose Zuneigung und Rückhalt. Die Antwort “Komm her, ich drück …

Pubertät – ein Geschenk der Evolution

Jugendliche brechen aus Rollen aus, sind risikofreudig, tun Dinge, die den Erwachsenen unverständlich sind und verändern sich stark. Die Eltern machen sich Sorgen und finden ihre Kinder komplett verrückt. Dennoch – Die Verrücktheit der Jugendlichen ist kein mentaler Unfall, kein Unglück, sondern ein ganz klares, absichtsvolles Programm der Gehirnentwicklung. Übrigens eine Phase der Hirnentwicklung, die nicht mit 19 Jahren endet, sondern bis in die Mitte der Zwanziger hinreichen kann. Das kindliche Hirn ist ein guter, aber chaotischer Rohbau, der sich selbst in eine nicht genau vorbestimmte Form entwickeln wird – und das oft länger als der restliche Körper mit seinen Veränderungen wie Brustwachstum oder Stimmbruch. Es gibt seit den 1980er Jahren dazu viel Forschung. Viele Hirnregionen bei Jugendlichen sind im Wachstum und der Reifung begriffen. Besonders spät sind dabei übrigens Hirnregionen dran, die mit Planung, Selbstkontrolle und sozialer Bindung zu tun haben. Jugendliche akzeptieren, wenn sie die Folgen ihres Handelns nicht abschätzen können und sind risikofreudig. In der Risikobereitschaft steckt aber auch die Chance für Persönlichkeitsentwicklung. Jugendliche sind sehr offen für Unbekanntes, sind anpassungsfähiger als …

Selfies und das eigene Körperbild….

Bilder vom eigenen Körper sind bei Jugendlichen noch nie so wichtig gewesen wie in der heutigen Zeit, in der unzählige Selfies für Facebook & Co oder einfach als Freizeitbeschäftigung gemacht werden. Die Möglichkeiten sich durch kosmetische oder elektronische Mittel dem Idealbild anzunähern sind explodiert. Diese große Öffentlichkeit, die die Selbstdarstellungen damit bekommen, erhöht den Druck zur Perfektion. Das gilt als eine Ursache für eine gestörte, da negativ gefärbte, Wahrnehmung des eigenen Körperbildes.  Dies nennt man Körperschemastörung. Dabei besteht eine enge Verbindung zu Essstörungen, allem voran der Magersucht (Anorexia nervosa). Unter einer Körperbild- oder Körperschemastörung leiden wenigstens vorübergehend bis zu 50% der Mädchen und 10-20% der Jungens. Vor allem während des Umbruchs in der Pubertät. Verständlich eigentlich denn sie müssen erst ihren eighenen Weg finden und die Grundlagen für ihr Selbstbewusstsein. Dazu kommt der sich noch stark verändernde Körper (z.B. Stichwort Pubertätsspeck). Wie kann man als Lebenserfahrene/r entgegenwirken? Eine Gegenposition einzunehmen ist sinnvoll, wird aber weniger erreichen als Sie sich wünschen. Die verfolgten Ideale stehen fest und werden jeden Tag in den Medien noch fester gemauert …