Alle Artikel mit dem Schlagwort: Politik

Zeitunglesen mit Kids

Politik, Weltgeschehen oder die Meldungen im Lokalteil – voll uncool! Voll uncool?? Warum nicht auch Jugendlichen Themen näherbringen, die zunächst in ihrem Alltag keine Rolle spielen, nichts mit angesagten Hits, youtube und Co zu tun haben? Zunächst einmal braucht es sicher Themen, die die Kids als für sie relevant oder als ansprechend ansehen. Neudeutsch würde man wohl “teaser” sagen. Aber wenn die Jugendlichen sehen, dass es sehr wohl auch Themen gibt, die bei näherer Betrachtung eben doch auch Auswirkungen auf sie, ihr Leben und ihre Zukunft haben, kann man sie durchaus motivieren, sich mit einem Zeitungsartikel auseinanderzusetzen. Natürlich ist es hilfreich, wenn Mama oder Papa Hintergrundinformationen geben können, Ausblicke bieten oder eine Diskussion führen zu einem Thema. Das kann eine richtig wertvolle, gute Zeit werden. Ja, es kann spannend werden! Und sehen wir es auch so: auch in Zukunft ist es gut, wenn wir politisch und gesellschaftlich interessierte, informierte und vielleicht sogar engagierte Bürger haben. Leute, die etwas bewegen. Leute, die gesellschaftlichen oder politischen Problemen oder bedenklichen Strömungen mit Hintergrundwissen entgegentreten können. Die eine Meinung …

Fridays for future

Fridays for future – die Bewegung ist in aller Munde. Wie stehen Sie zu den Demonstrationen der Schülerinnen und Schüler? Als Kinder- und Jugendarzt beziehe ich klar Position: ich unterstütze die Jugendlichen in ihren Anliegen! Ein Blick auf die aktuelle Lage ernüchtert. Der Klimawandel, die Umweltverschmutzung, das Artensterben sowie die Vermüllung der Meere sind Tatsachen. Schlagworte, die jeder im Ohr hat. Hinter diesen Schlagworten stehen aber Probleme immensen Ausmaßes. Fakt ist, dass die durchaus kritische Lage des Planeten sich immer weiter verschlechtert und die internationale Politik ein gemeinsames, nachhaltiges und in akzeptablem Zeitraum wirksames Vorgehen nicht wirklich erreicht. Die entstehenden Probleme werden unsere Kinder und Enkel aushalten und lösen müssen. Ein Armutszeugnis für unsere Generation, dass wir unseren Kindern den Planeten nicht in besserem Zustand hinterlassen. Ich frage mich deshalb: Was bleibt den Jugendlichen denn übrig, als zu versuchen, die Problematik in das Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken? Sie denken natürlich an ihre Zukunft und an das, was sie angesichts des Klimawandels und der Umweltverschmutzung erwarten wird. Sie handeln engagiert und – wenn man …

Dieselskandal, Feinstaub und kranke Kinder – und die Mitschuld der Politik

Als Kinderpneumologe bin ich kürzlich zum Thema Dieselskandal und Feinstaub von der HuffingtonPost interviewt worden. Die Essentials möchte ich Ihnen auch im Blog nicht vorenthalten – hier als kurze Zusammenfassung: Wir müssen bei den Autoabgasen die gasförmigen Substanzen und den Feinstaub unterscheiden. Gase können zwar kurzfristig sehr schädlich sein, werden aber in der Regel rascher neutralisiert bzw. abgeatmet. Risiken bestehen allerdings auch hier etwa für Asthmatiker, die in belasteter Luft häufiger Asthma-Anfälle erleiden. Die Gase reizen die Schleimhäute der Atemwege nämlich. Außerdem könne sie Kopfschmerzen und Krupphusten begünstigen. Aus Sicht des Kinderpneumologen  und -kardiologen ist der Feinstaub schlimmer als die Gase. Denn diese ultrafeine Partikel, die einen Durchmesser von weniger als 0,1 Mikrometer haben, werden in der Lunge nicht mehr gefiltert und können in den Körper aufgenommen werden. Dort werden sie abgelagert und erhöhen das Krebsrisiko und/oder das Risiko für Arteriosklerose. Außerdem kann der Feinstaub in der kindlichen Lunge abgelagert werden, ähnlich wie Asbest. Dies geschieht bereits im Kindesalter, wenn der Aufenthaltsort in belasteter Luft ist, also eben vor allem an den Brennpunktstraßen der Großstädte. …

Heuschnupfen bei Kindern über 12 Jahren – eine Riesenschweinerei im Gesundheitswesen

Ich muss mir mal kurz Luft machen! Und das, weil es gerade in der Heuschnupfenzeit wieder aktuell ist. Um was es hier geht, wissen viele Eltern von Kindern über 12 Jahren mit regelmäßiger Medikamenteneinnahme. Und zwar von Medikamenten, die rezeptfrei sind.  Dazu gehören etwa Medikamente für die üblichen akuten Infektionen (Fieber- und Schmerzmittel, Mittel gegen Durchfall, Nasenspray, etc.), aber vor allem auch antiallergische Medikamente zum Einnehmen (z.B. Cetirizin) oder Tropfen für Nase oder Augen bei Heuschnupfen. Diese werden nämlich über 12 Jahren nicht mehr von der Krankenkasse bezahlt. Obwohl Kinder mit Heuschnupfensymptomatik tatsächlich phasenweise ohne Therapie nicht schulfähig sind. Und obwohl sie zumindest bis 16 nicht selbst verdienen können. Um welche Summen geht es? Für einen Heuschnupfen-Allergiker kommen da in der Zeit der Gräserblüte gerne 100€ zusammen. Und weil Heuschnupfen gentisch veranlagt ist, sind viele Familien gleich mit mehreren Mitgliedern betroffen, bei drei Kindern sind das mal locker 300€. Dass nicht jedes 4,50€-Fiebermittel bezahlt werden muss, kann ich akzeptieren. Aber nicht, dass eine ganz klar chronische Erkrankung eines Kindes mit erheblicher Beeinträchtigung des Alltags nicht …

In eigener Sache – unsere Mitarbeiterinnen in der Schusslinie

Wer mit unserer Praxis Kontakt aufnimmt, der bekommt es wie in allen Praxen erst einmal mit unseren MFAs zu tun. Das heißt ausgeschrieben “Medizinische Fachangestellte/r”. Früher hießen diese Tausendsassas Arzthelferinnen. Sie machen nicht nur einen großen Teil der vorbereitenden Arbeit am Patienten. Sie organisieren uns auch den Sprechstundenablauf. Eine der wichtigsten Funktionen ist es dabei, die Patienten zu filtern. Das tun sie nach von uns Ärzten festgelegten Regeln. Denn wie Sie es vielleicht schon bemerkt haben, das Gesundheitswesen blutet an Ärzten aus. Und wir müssen immer häufiger die Zeit und damit auch die Patientenzahl, die wir Ärzte an einem Tag mit gutem Gewissen schaffen, begrenzen. Weil auch unsere ärztlichen Tage nur 24 Stunden haben und weil auch unsere ärztliche Tätigkeit ihre Belastungsgrenze hat, oberhalb derer eine verantwortliche Patientenbetreuung nicht mehr möglich ist. Natürlich würden wir gerne alle Ihre Probleme mit Ihnen lösen, und das auch idealerweise mit geringer Wartezeit auf einen Termin. Dennoch gehört es auch zur Qualität ärztlichen Handelns, die Patientenzahl zu begrenzen – um eben den schwerwiegenderen Problemen ausreichend Zeit und Kraft widmen …

Schule ohne Noten ist die Zukunft – 2. Teil

Letzte Woche habe ich hier auf die ungünstigen Folgen des Leistungsdrucks durch die Noten im Schulsystem hingewiesen. Was können Sie als Eltern nun dagegen tun? Was kann die Schule tun? Was die Gesellschaft? Für Sie als Eltern: Es gibt praktisch keine Eltern, die ihren Kindern bewusst Schuldruck machen. Aber unbewusst und unterschwellig passiert das dennoch. Und zwar in fast allen Familien. Solange die Reaktion der Eltern dieselbe ist, wie die der Schule, unterstützen sie das System und erhöhen bei den empfänglichen Kindern den Druck. Wenn Sie also etwa schlechte Noten bestrafen oder rügen. Aber auch, wenn Sie gute Noten bezahlen. Mit schlechten Noten sind Kinder eh schon bestraft genug. Und gute Noten sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Noten nicht alles sind. Schon gleich gar nicht, bis aus Ihrem Kind eine reife Persönlichkeit geworden ist, die sich über ihre Stärken und Schwächen bewusst ist. Systematische Belohnung verstärkt das Leistungsdenken, das Grundlage etwa für späteres Burnout sein kann. Natürlich sollen Sie auch keine schlechten Noten belohnen. Aber abschwächen. Sätze wie „dafür malst du wunderschön“ oder „Einstein hatte …

Schule ohne Noten ist die Zukunft – 1. Teil

Schätzen Sie mal, wie häufig wir jede Woche wegen Problemen im Zusammenhang mit der Schulleistung kontaktiert werden! 5-mal? 10-mal? mehr als 20-mal? Genau! Mehr als 20-mal klären wir jede Woche vermeintliche Störungen im Zusammenhang mit Schulleistungen ab. Es sind auch viele Kinder, die sich mit Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Herzrasen, Schwindel  oder noch intensiveren Problemen vorstellen. Und es sind zu mehr als 80% Mädchen. Echte organische Befunde sind die Ausnahme. Alles entsteht durch einen Druck, der auf die Kinder einprasselt – durch den Konflikt zwischen Erfolgsstreben (das ja auch seine guten Seiten hat) und Versagensangst. Deshalb sind es auch meist sehr gute und ehrgeizige SchülerInnen, die sich so bei uns vorstellen. Und. Es sind selten die Eltern (was viele vorschnell glauben), die bewusst diesen Druck aufbauen. Es kommt aus der Schule. Nicht persönlich auf ein einziges Kind. Nicht persönlich durch den Lehrer. Es ist das System. Was den Druck auslöst, ist das Sich-Vergleichen. Das Messen mit anderen. Die Angst, im Leben zu versagen, wenn man nicht der oder die Beste ist. Das hat das System in die …

Eltern haben keine Lobby!!!

Dieses Urteil des Bundessozialgerichtes hätte anders ausfallen sollen. Eine Familie mit drei Kindern hatte geklagt, dass ihre Sozialversicherungsbeiträge niedriger hätten sein müssen, als diejenigen von Kinderlosen. Und haben verloren. Das Gericht erkannte zwar an, dass das Aufziehen von Kindern prinzipiell berücksichtigt werden muss, es sah aber die aktuelle gesetzliche Regelung als ausreichend an. Das heißt, der Gesetzgeber müsste aktiv werden, wenn er Familien hier mehr entlasten wolle und eine höhere Generationengerechtigkeit schaffen wollte. DerKinderarztblog ruft Eltern auch aus diesem Grund auf, sich mehr politisch zu engagieren und in der Politik auch auf ihre Bedürfnisse hinzuweisen. Zwar geht es Familien in Deutschland häufig gut, aber Alleinerziehende und auch Familien mit Geringverdienern leben zu häufig an der Armutsgrenze. Sie brauchen Unterstützung und Lobby. Wie wäre es mal mit einer eigenen Familienpartei? Wer sonst sollte denn die Zukunftsprobleme engagierter anpacken als Menschen mit Kindern. DrGH

“Die Arche Noah” oder “Verschiedenheit ist ein Gewinn”

Wir leben in Deutschland in einer hochtechnisierten und hochorgansierten Gesellschaft. Dies hat viele Vorteile. Aber das hat auch Nachteile. Eine hochorganisierte Gesellschaft tut sich nämlich schwerer damit, mit vom Mainstream abweichenden Varianten klar zu kommen. Und das erleben wir eben ganz besonders schon bei Kindern. Nicht alles, was gerade nicht in die Standardschublade passt, ist gleich unnormal. Beispiel: Es ist definitiv nicht automatisch unnormal, wenn ein Kind im vorherrschenden Schulsystem nicht optimal mitkommt. Oft passen der Lehrer und/oder das Schulsystem einfach nicht. Und in der Regel hat das Kind dafür andere Stärken Wir sehen hier auf der einen Seite eine Schwäche der Gesellschaft, zu Gunsten des einfach zu organisierenden Mainstreams auf andere Wege zu verzichten, die vielleicht ganz andere, bessere Sichtweisen und Lösungen hätten. Wir erleben aber gerade hier auch viele Sorgen der Eltern, denen häufig signalisiert wird ihr Kind sei auf irgendeine Weise unnormal, nur, weil es im Mainstream nicht so einfach organisierbar ist. Die Kinderärzte sehen es deshalb auch als ihre Aufgabe an, hier um Verständnis und Toleranz zu werben, und Gesellschaft (das …